Mittwoch, 5. Dezember 2012
- 570 - Die Farbe meiner Tinte
Ich blicke auf die rausgerissenen Seiten die auf meinem Bett
verstreut liegen, es ist so lange her dass die Tinte in meinen Adern auf Papier
tropfte, ihr Geruch benebelt meine Sinne. Mein Blick wandert immer wieder durch
das durch Kerzen beleuchtete Zimmer, ob wir jemals der Eintönigkeit entrinnen
können, ich weiß es nicht. Mein Herz ist ebenso wie dieses Buch, nur noch
halbvoll, denn ich möchte nicht negativ klingen. Wir haben viele Dinge im Leben
zurückgelassen und müssen nun damit umgehen, wir können nicht einfach umdrehen
und nach den Dingen suchen die wir verloren oder aufgegeben haben. Manchmal ist
es absolut was wir tun, manchmal bleibt uns der Weg in die Vergangenheit bis
über einen dünnen Faden den wir Erinnerung nennen verwehrt. Wir sind Träumer, der
Mensch war es immer und wird es immer bleiben. Es gibt keinen Traum den wir
nicht träumen können, ja es mag viele Träume sogar mehrmals geben. Was lässt
meinen Traum jetzt noch besonderer wirken als die der anderen, es ist nichts Überragendes
und doch erfüllt es mich und meine Sinne. Ja es lässt mich etwas in der Leere
sein. Die Farben wurden vom Regen davon gewaschen, langsam kriecht die ölige
Farbe über den matschigen Boden und verwandelt sich in eine langsam immer
farblosere Masse. Mein Herz wird in meinem Körper herum geschmissen, an die Wand
gedrückt und langsam in Einzelteile zerschlagen. Ich bin gar nicht mehr in der
Lage es zusammenzusetzen, denn wie auch. Mit jedem Griff nach jeder Scherbe,
schneide ich mir tiefer und tiefer ins eigene Fleisch, die makellose Haut
vernarbt, sie wird unkenntlich geschnitten, ich bin gebrandmarkt. Doch wohin
kommen wir wenn wir nicht bereit sind ein größeres Risiko im Leben einzugehen,
wohin wird uns unser eigenes Sein führen wenn wir nicht bereit sind bis an
unsere eigenen Grenzen zu treten oder sogar darüber hinaus zu wachsen. Immer
wieder blicke ich auf die rausgerissenen Seiten jener Bücher die ich gelesen
habe, immer wieder schneide ich mich an ihren scharfen Kanten. Die Tinte
spritzt langsam über meine Decke und verdeckt ihr Muster unter einen
rot-schwarzen Fleck. Ihr Geruch benebelt mich, ihr Geruch macht mich schwach
und langsam verliere ich den Blick auf meine eigene Realität. Langsam zertrete
ich meine alten Gedanken als wären sie kleine Insekten, ich spucke auf den Boden
und sehe dabei zu wie sie sich immer mehr häufen. Ich bin angeekelt durch meine
eigenen Gedanken und mir wird schwindelig unter diesem Wahn. Es macht mich
wahnsinnig und ich würde mich am liebsten erbrechen. Alle Gedanken müssen raus,
verlasst meinen Körper und kommt nie mehr wieder. Ja ich sitze hier auf meinem
Bett und schneide mir mein Herz heraus, als nächstes ist mein Verstand dran,
denn wer braucht sowas in einer Welt, wo jeder Mensch aufgehört hat auf sie zu
hören. Ich werde schließlich einer von ihnen, ich will es nicht mehr sehen, ich
will es nicht mehr fühlen. Und immer weiter und weiter reiße ich die Seiten
jener Bücher raus, die mir Lügen auftischten als wäre es mein tägliches Mahl.
Ich verhungere, denn lieber vergehe ich ohne sie, als das ich mit ihnen sein
müsste. Ich will nicht mehr in einer Gesellschaft verweilen in der ich mich
damit zufrieden gebe. Befreit mich oder beendet mein Sein, denn mein Sein wird
immer anders bleiben als das Eure. Ich will kein Teil der klumpigen schwarzen
Masse sein, ich bleibe ein Stückchen Farbe in einer farblosen Welt und wenn die
einzige Farbe die ich ihr schenken kann, die Farbe meines Blutes ist.
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